"Und sie bewegt sich doch!" könnte man ausrufen, sollte man es einmal
geschafft haben, im Café auf der Insel einen Sitzplatz zu ergattern. Dann
stimmt es auch versöhnlich, wenn in der außergewöhnlichen Karte unter
anderem zu lesen steht: "Wo immer Du auch hin willst, es ist nie soweit
wie Du denkst.", trotz durch frühlinghaftes Wetter bedingter
Überfüllung und dementsprechender Platzknappheit. Diesen Satz könnte
man auch fast als subversives Lebensmotto verstehen. Dabei will ich
momentan gar nirgends hin, sondern einfach nur die neue Insel genießen.
Die breiten, tiefen, in mittelblau gehaltenen sofa-artigen Sitzgelegenheiten (oder wie lassen sich diese Formationen sonst beschreiben?) laden mehr zum Liegen als zum Sitzen ein, was so manches turtelndes Paar auch hinreichend ausnützt. Beim in die Runde schauen lassen sich dann herrlich die Leute beobachten. Die sich dadurch ausbreitende innere Ruhe läßt nun bemerken, daß die Insel trotz des niedigren Wasserstandes der Mur sich hin- und herbewegt. Es wäre auch nicht empfehlenswert, sie drehen zu lassen, um einen gewissen Galileo richtig zitieren zu können... Tiefergehendes Studium der unkonventionellen Karte, die nicht zu unrecht allzu oft mitgegangen lassen wird --- so oft, daß schon 400 Exemplare nachgedruckt werden mußten, und dabei ist das Café erst seit zwei Wochen geöffnet ---, bringt mitunter Erstaunliches zu Tage. Es lohnt sich, sie sich einmal genauer anzusehen. Es wird sich unter Anderem darin die Begründung finden lassen, warum eine Insel mitten in Graz auf dem Fluß eigentlich gar nicht mitten in Graz liegt, sondern eine eigene Einheit darstellt. Somit wäre auch ihr Auftritt unter "Stadtbilder" gerechtfertigt. Die Insel soll ja nicht nur die beiden Murufer verbinden, die in Graz ja schon von jeher eine mehr als nur ideologische Trennung bedeuten, sondern vor allem das mediterrane Flair dieser Stadt unterstreichen. Und das gelingt ihr. Die zweite Hälfte der als Muschel ausgeformten Insel ist als kleines, halbrundes (oder doch nur viertelrundes?) open-air Theater ausgeformt, das sich tagsüber wunderbar zum Sonnen und Faulenzen nützen läßt. Die schon genügend warmen Sonnenstrahlen perfektionieren das Erholerlebnis derzeit mit dem Zusatzbonus wundervoll schnell dahinziehender weißer Wolkenfetzen unter kitschigblauem Hintergrund. Im Sommer dürfte das Halbrund (nein, Drittelrund, oder?) durchaus ein wenig zu warm werden. Die Murpromenade bietet dann einen schönen Ausgleich mit ihren nicht allzu zahlreich vorhandenen Zugängen direkt zum Wasser. Schon vorletzten Sommer ließen sich einzelne Badenixen betrachten, die im mittlerweile klaren Flußwasser ihre Füße baumeln ließen. Inmitten der Stadt. Was brauch' ich a' Donauinsel? Es scheint, auch dies sei von den Autoren der Speisekarte des Murinselcafes --- und nur als solches musz man die Urheber angesichts der künstlerischen Ausgestaltung selbiger bezeichnen --- vor(her)gesehen worden. Ein Text lädt zum Reflektieren ein über den eigenen Alltagsstreß, zum Abstandnehmen, zum entfernteren Beobachten, aber ohne zu Starren, zum bewußt uninteressiert Blicken (ein Tag am Strand kommt in den Sinn; das Abnehmen eines Bikinioberteils bewußt nichtbeachtet, und doch genauestens registriert). Wo waren wir? Achja, eine Insel im Fluß, mediterrane Frühlingsgefühle austrahlend, zum Seele baumeln lassen einladend. Mir gefällt's. |